Anleger versuchen immer wieder aus der Vergangenheit abzuleiten. Die Geschichte soll sich wiederholen. So auch an den Börsen. Dort hat billiges Geld schon einmal für ein Kursfeuerwerk gesorgt, hat die Wirtschaft stabilisiert und die Aktienkurse klettern lassen. So soll es auch diesmal sein. Daher fließt bereits heute viel Kapital an die Börsen, Aktien werden gekauft, um von dieser zukünftigen Entwicklung zu profitieren. Ob es wirklich so kommt, ist keineswegs sicher.
Die Anlegerfreude über die chinesischen Stimulierungsmaßnahmen ist groß. Der DAX steigt im Rekordtempo. Die Hoffnung der Anleger ist klar. Die Geschichte soll sich wiederholen, so wie zur Corona-Zeit, als billiges Geld alle Schwierigkeiten aus dem Weg räumen konnte. Der Anleger will an das glauben, was er kennt. Wenn daraufhin viele Marktteilnehmer gleich handeln, dann kommt es zu einer Herdenbewegung, was den Gesamtmarkt ansteigen lässt. Doch die Geschichte wiederholt sich diesmal nicht.
Waren noch im Sommer 2024 die Sorgen der Anleger bezüglich einer konjunkturellen Abkühlung und einer möglichen US-Zinswende dominant, so fand in ganz kurzer Zeit eine 180-Grad-Wendung statt. Plötzlich ist das Zinsniveau niedrig, billiges Geld ist in Aussicht gestellt und von Rezessionsrisiko nichts mehr zu hören, zumindest wenn es nach den Aktienmärkten geht. Das Schlagwort „billiges Geld“ ist wieder einmal der Treiber für diese Rallye.
Hier machen die Anleger einen Fehler. Der Vergleich zu den Corona Jahren hinkt nämlich. Damals war die Nachfrage der Bürger und der Unternehmen „nur“ unterbrochen. Sie hat sich gestaut und war nach Corona wieder voll zurück. Die Menschen sind gereist und haben konsumiert und so die Wirtschaft wieder aufleben lassen. Billiges Geld und Kredite (auch staatliche) halfen die Notzeit der Unternehmen zu überbrücken.
DAX, Tageschart, Stand 19.473 Punkte
Wenn die Marktteilnehmer diesmal hoffen, die Geschichte würde sich wiederholen, dann ist das ein Trugschluss. Diesmal handelt es sich nicht um einen Konsumstau. Am Beispiel der deutschen Automobilindustrie kann dies gut verdeutlicht werden. Nur weil die Zinsen niedrig sind, haben BMW, Mercedes und VW trotzdem keine E-Autos für den Massenmarkt. Dieser Fehler in der Strategie ist den Unternehmen zuzuordnen.
Nur weil in China billiges Geld die Konsumenten und die chinesische Wirtschaft stärkt, werden die deutschen Autohersteller nicht mehr Fahrzeuge in China verkaufen können. Die chinesischen Wettbewerber haben die besseren E-Autos für ihre Kunden. Die Wirkung des billigen Geldes wird diesmal daher nicht so einsetzen, wie sich das die Börsenteilnehmer heute ausmalen.
Der DAX hat in den letzten Wochen eine außergewöhnliche Rallye hinlegen können. Noch Anfang September notierte der Index im Bereich von 18.200 Punkten, Anfang August im Bereich von 17.030 Punkten. Jetzt sind es knapp 19.500 Punkte. Das Tempo des Anstiegs ist enorm und hat klare FOMO-Strukturen (Fear of missing out). Anleger haben Angst eine Rallye zu verpassen und kaufen zu jedem Preis.
Hier kann wieder unterstrichen werden, dass an der Börse niemand die Anleger aufhalten kann, wenn sie Wertpapiere erwerben wollen. Hauptsache, sie bezahlen den geforderten Preis. Die heutigen Aktienpreise werden sich dann erst später in der Nachbetrachtung als günstig oder als überteuert herausstellen. Für den Moment jedoch ist jeder höhere Aktienkurs von SAP, Siemens und Co auch ein Schub für den DAX.
Der deutsche Leitindex hat mit dem Erreichen des Preisniveaus von 19.470 Punkten einen Widerstandsbereich erreicht, wie in dem Artikel „DAX: China muss es wieder richten“ beschrieben wurde. In der neuen Woche könnte es an dieser Stelle zu Gewinnmitnahmen kommen. Eine verdiente Abkühlung würde den Index bis 19.000 Punkte sinken lassen.
Alles in allem haben die Börsen alles Gute in den Kursen bereits eingepreist. Die Wirtschaft schlittert nicht in die Krise (China hilft), die USA vermeiden eine Rezession (FED hilft) und die EU profitiert davon, dass die die Konjunktur in den beiden Großmächten nicht abkühlt.
Jedes Medikament lässt in der Wirkung bekanntlich nach, wenn es zu häufig angewandt wird. Billiges Geld hat in der Vergangenheit schon einmal geholfen und wenn es nach den Marktteilnehmern geht, dann soll es auch diesmal der Fall sein. Doch der Goldpreis signalisiert bereits, dass nicht alle Investoren von diesem Vorhaben überzeugt sind. Es könnte sein, dass Anleger einem Trugschluss aufgesetzt sind und sich die Geschichte nicht wiederholt.
Am Wochenende veröffentlichen wir den kurzfristigen DAX-Ausblick auf die kommende Woche. Lassen Sie sich informieren. Nutzen Sie unseren Newsletter (hier eintragen).
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
start-trading Team
P.S.: In welche Richtung tendiert der DAX? Das Indikatoren-Trading hilft (mehr erfahren)