Signale

Stellen Sie sich vor, es ist Europawahl und niemand geht hin. Dieser Gedanke ist gar nicht so abwegig. Wen sollte man wählen und wofür stehen die Parteien? Wenn Sie darauf keine Antworten haben, dann sind Sie nicht allein. Die Parteien haben es nicht geschafft, dem Wähler ihre Botschaft zu übermitteln. Und wer nicht weiß, wen er wählen soll, der geht erst gar nicht zur Wahl. Schuld ist nicht der Bürger, sondern die Politik. Die sieht das natürlich ganz anders.

In den letzten Wochen haben sich die europafreundlichen Nachrichten in den öffentlichen Medien verstärkt. Als wolle man die EU in einem besonders positiven Licht dastehen lassen, werden Radiosendungen eingespielt, die die Brüsseler Parlamentarier als junge Truppe darstellt. Andere Sendungen wollen mit Mythen aufräumen und klären auf, warum die EU eben unverzichtbar ist.

Spitzenkandidaten duellieren sich angeblich vor laufender Kamera und spielen eigentlich nur ein Schauspiel. Sie vertreten mehr oder minder dieselben Positionen und versuchen, diese nur mit anderen Worten rüber zu bringen. Beim Zuschauer bleibt nur Unklarheit zurück. Warum sollte er dann zwischen den Kandidaten wählen? Sie sind nicht allein mit dieser Frage.

Kaum ein Tag vergeht, an dem die Medien nicht bemüht sind, die Regulierungswut der EU herunterzureden. Besonders eingeschossen hat man sich auf die abgeblasene Duschkopfregelung. Plötzlich wollen die Spitzenkandidaten nichts mehr davon wissen. Wenn der Bürger keine Duschkopfverordnung will, dann soll er keine bekommen, lautet die verständnisvolle Antwort. Nicht erläutert wird, warum die EU überhaupt Geld und Zeit für solch ein Thema aufgewendet hat. Es geht ja in den Medien auch nicht um die wichtigen Fragen, sondern um Schönwetter vor der EU-Wahl.

Jetzt hat Europa Sorge vor einem starken Abschneiden der anti-europäischen Parteien. Dabei ist der Grund naheliegend: Bei diesen Parteien weiß der Wähler, was die Partei nicht will. Es ist also ein Standpunkt vorhanden, der sich von den schwammigen Formulierungen der großen Parteien unterscheidet. Es fehlt das Profil der großen Parteien. Welcher Kandidat möchte eine Stimme und wofür wird er sich einsetzen? Bei den großen Parteien fehlt eine Antwort.

Bei Wahlen sollte um Stimmen geworben werden. Bei der aktuellen EU-Wahl handelt es sich um einen bürokratischen Akt, eine leidige Pflicht sozusagen, die eben abgewickelt werden muss. Man hat nicht das Gefühl, dass hier zur Wahl stehende Personen um die Stimme des Einzelnen kämpfen. So kann die Europawahl auch kein Erfolg werden.

Heute Abend wird der Ausgang in Prognosen bereits angedeutet werden. Schnell wird man sich dann über eine anti-europäische Haltung der Wähler aufregen. Dabei wird das Versagen der jetzigen Parteien nicht angesprochen werden. Eine eigene Schuld wird nicht in Betracht gezogen werden. Solange kein Umdenken stattfindet, wird die Schwäche der etablierten Parteien weitergehen.

Der Bürger kann mit der EU, ihren Organen und ihren Aufgaben nichts anfangen. Die EU ist ihm fremd. Daher ist es nicht unwahrscheinlich, dass er der Wahl fernbleibt, denn er weiß nicht, wen er mit seiner Stimme unterstützt. Dass wir solch eine Situation vorfinden, ist die Schuld der Parteien. Sie haben falsch kommuniziert. Nach der Wahl, nach einem schlechten Abschneiden, mit dem Finger auf die Bürger zu zeigen, ist falsch.

Wer die EU kennt, der weiß, dass genau das passieren wird.

 

Mit freundlichen Grüßen

Ihr

start-trading Team

Share This